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Sorgen für die alten Eltern

 

Sorgen für die alten Eltern…. Wenn die alten Eltern plötzlich hilflos werden…

 

 

Manchmal kann der Weg der Eltern in die Gebrechlichkeit allmählich sein, durch das langsame Fortschreiten chronischer Erkrankungen wie z.B. Arthrose oder Demenz. Oft sind unsere Eltern aber noch sehr lange rüstig, benötigen jahrelang nur wenig Hilfe, und es kommt plötzlich zum Kippen der Situation. Das kann durch z.B. einen Schlaganfall sein oder einen Sturz oder einen schweren Infekt wie z.B. bei einer Lungenentzündung. Auf einmal ändert sich alles, wir müssen viele Entscheidungen für die Eltern treffen, die Pflege organisieren.

 

 

Es gibt die Möglichkeit, für die akute Organisation der Pflege eines nahen Angehörigen 14 Tage Karenzzeit zu nehmen. Aber viele nehmen sich einfach ein paar Tage Urlaub, wenn das möglich ist. Gespräche mit Krankenkasse, mit Pflegediensten oder Pflegeheimen, mit anderen Geschwistern stehen jetzt an. Vielleicht kommt es zum Einzug ins Pflegeheim oder zu einem Arrangement mit ambulanter Pflege.

 

 

Alleine schon die ersten Pflegehilfen zu organisieren, ist schwierig. Früher unterschied man zwischen Grund- und Behandlungspflege. Aber was gilt als Grundpflege, was gilt als Behandlungspflege? Einfache Maßnahmen wie z.B. Medikamente richten, Kompressionsstrümpfe anziehen oder die Insulinspritze, die Kontrolle von Blutzucker oder Blutdruck, sind Behandlungspflege. Dies kann der Hausarzt verordnen, diese übernimmt die Krankenkasse und kann sofort beim Pflegedienst bestellt werden. Auch Grundpflege kann 14 Tage direkt im Anschluss ans Krankenhaus noch vom Hausarzt verordnet werden.

 

 

Zur  Grundpflege gehören alle Leistungen wie Waschen, Ankleiden, Nahrung anreichen, Inkontinenzversorgung, alle körperlichen Hilfen der Mobilität und der Selbstversorgung auch in einfachen hauswirtschaftlichen Dingen. Hierfür muss ein Antrag bei der Pflegeversicherung gestellt werden. Früher gab es drei Pflegestufen, jetzt fünf Pflegegrade, die deutlich differenzierter als früher die Lage der Pflegebedürftigkeit erfassen.

 

Das Formular dazu erhalten sie von der Kranken- und Pflegekasse ihrer Eltern. Es ist für Laien schlicht unverständlich und wenig selbsterklärend. Sie haben die Wahl zwischen „Sachleistung“ (einem deutlich höheren Geldbetrag für professionelle Pflege) und „Geldleistung“ (einem deutlich geringeren Geldbetrag, wenn eine private Pflegeperson die Pflege leistet.) Gänzlich abzuraten ist von der ebenfalls angebotenen „Kombinationsleistung“, wobei der Geldbetrag aufgesplittet wird zwischen Geld für den Pflegedienst und für die private Pflegeperson, wodurch beide Geldbeträge noch niedriger ausfallen. Wenn Sie beim Ausfüllen des Formulars noch nicht wissen, welchen Pflegedienst sie beauftragen werden, tragen Sie einfach ein „Pflegedienst wird noch gesucht!“.

 

 

Sie sollten unbedingt einen Kostenvoranschlag beim Pflegedienst ihrer Wahl einholen. Spätestens dann werden Sie sich wahrscheinlich für Geldleistung entscheiden und merken, dass die Pflegeversicherung eine Teilkaskoversicherung ist, und zwar zu einem Tarif, den sie für ihr Auto so schlecht nie wählen würden. Die realen Kosten der Pflege sind meistens bei weitem höher!

 

Der Antrag gilt rückwirkend, warten sie daher nicht zu lange mit der Beantragung und beginnen Sie sofort mit der Pflege. Wenn Sie oder eine andere Verwandte selbst pflegen, führen Sie am besten ein Pflegetagebuch. Der Pflegedienst erbringt durch seine Dokumentation, Sie über ein Pflegetagebuch den Nachweis, dass wirklich Pflege notwendig ist. Ein Formular dafür erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse.

Der erste Besuch des MDK, des medizinischen Prüfdienstes der Krankenkassen, um die Pflegebedürftigkeit festzustellen, kann für alle Beteiligten schwierig sein. Coachen Sie Ihre Eltern vorher gut, üben Sie das Gespräch, damit nicht durch falsch verstandene Bescheidenheit und Zurückhaltung ein völlig anderer Eindruck der Hilfsbedürftigkeit entsteht. Viele ältere Menschen wollen vor dem fremden Gutachter „gut dastehen“ und geben eine viel stärkere Selbständigkeit vor, als sie real haben. Wenn Sie bereits einen Pflegedienst oder Hospizdienst zu Rate gezogen haben, bitten Sie diese, beim Gespräch mit dem MDK dabei zu sein.

 

 

Sie wünschen für Ihre Eltern das Beste an Pflege und Betreuung. Wenn es jetzt so konkret soweit ist, werden Sie merken, dass es den perfekten Lebensabend für die Wenigsten gibt. Vielleicht kommt es schneller, als Sie denken, doch zu einer Aufnahme ins Pflegeheim. Oder Sie müssen Ihre Eltern zu sich holen, in die Nähe, in eine Altenwohnanlage oder eine Einliegerwohnung, da die Entfernung zum Wohnort der Eltern nicht mehr so oft überbrückt werden kann, wie nötig.

 

 

Dann steht das Thema „Wohnungsauflösung“ für Sie an. Hier werden Ihre Eltern viele Wünsche äußern. Das wird schwierig in der Umsetzung sein. Je nach Größe der Wohnung kommen Sie am Ende oft am pietätlosen Entrümpler nicht vorbei. Lassen Sie ihre Eltern wählen, was sie jetzt in die veränderte Lebens- und Pflegewohnsituation noch mitnehmen wollen und können. Viele Dinge werden wegzugeben und wegzuschenken sein. Erkundigen Sie sich nach lokalen Wohlfahrtsorganisationen wie Oxfam, Diakonie oder Caritas, ob diese etwas abholen und an Bedürftige weiter vergeben können.

 

 

Ich weiß, dass für meinen Mann damals der Moment, als der Entrümpler kam, der belastendste Moment war. Die  Vorstellung, dass die geliebte elterliche Wohnung, in der die Mutter jahrzehntelang gelebt hatte, und noch ein Teil der eigenen Kindheit und Jugend stattfand, jetzt zu Gelump gehauen wird, war für ihn unerträglich. Vielleicht können Sie jemand anderen bitten, der emotional weniger davon betroffen ist, den Termin mit dem Entrümpler für sie abzuwickeln. Ich habe es gerne für meinen Mann übernommen. Denn mir hat die Wohnung meiner Schwiegermutter weniger bedeutet, und es war für ihn eine große emotionale Erleichterung.

 

Noch  Wochen danach sah unser Wohnzimmer wie ein Warenlager von eBay aus. Denn wir haben viele Dinge über eBay im Internet verkauft und sind doch nicht alles losgeworden. Es gilt, vieles zu verschenken, weniges zu verkaufen und vieles dann doch einfach endgültig wegzuschmeißen. Nachbarschaftsnetzwerke wie z.B. nebenan.de können hier auch eine Hilfe sein.

 

 

Während dieser anstrengenden Zeit von Wohnungsauflösung, evtl. weiter arbeiten gehen, Pflege organisieren finden emotional mit Ihren Eltern viele anstrengende Prozesse statt. Vielleicht fügen sich Ihre Eltern in die neue Situation, weil sie die Notwendigkeit erkennen, vielleicht ergeben sich aber auch Vorwürfe und Zweifel. Sie müssen einen neuen Besuchsrhythmus finden. Die Nähe und Distanz spielen sich neu ein. Die langjährigen Rollen der Fürsorge, dass Sie sich früher von Ihren Eltern helfen und versorgen ließen als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener, kehren sich jetzt um.

 

 

Auf einmal ist es umgekehrt: Sie sorgen für Ihre Eltern. Alte emotionale Muster, auch langjährige Geschwisterstreits können wieder akut werden. Alle menschlichen Formen von später Rache bis zu später Reue und Versöhnung sind hier noch möglich… Während sie vor Ort mit der konkreten Pflegeorganisation vielleicht völlig überfordert und mit ihren Nerven und Kräften am Anschlag sind, sparen ferner wohnende Geschwister nicht mit Ratschlägen und Tipps, die für Sie gar nicht umsetzbar und sinnvoll sind

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Für all diese Fragen gibt es verschiedene Ansprechpunkte für Sie. Sie können zum Pflegestützpunkt gehen. Der Verbraucherschutz ist ebenfalls eine gute Anlaufstelle und hält viele gute Broschüren vor. Wenn es den Verdacht gibt, dass es sich um einen Beginn der letzten Lebensphase handelt, ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme zum Hospizdienst in ihrer Nähe ratsam. Die Hospizdienste beraten kostenfrei im Hausbesuch, sowohl im Krankenhaus, wie im Pflegeheim, wie zu Hause. Manchmal kann auch eine einmalige Familienberatung in einer Familienberatungsstelle sinnvoll sein.

 

 

Wie immer wünsche ich Ihnen, dass diese Themen nicht bald für Sie eintreffen. Ich wünsche Ihnen und Ihren Eltern Rüstigkeit und Gesundheit und die richtigen Hilfestellungen. Aber wenn Ihre Eltern den Beginn oder eine fortgeschrittene dementielle Erkrankung haben, müssen Sie sich sehr früh mit solchen Themen beschäftigen...

 

 

Mit herzlichen Grüßen,

 

Monika Müller-Herrmann

 

 

 

 

 

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