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Wie kondoliere ich Trauernden?

Wie kann ich Menschen in der Trauer begegnen? Wie kondoliere ich?

Vor ca. 20 Jahren begann ich in der Hospizarbeit. Ich hatte vorher einen Pflegedienst geleitet, und übernahm direkt nach dem Psychologiestudium eine kleine Hospizgruppe. Meine Vorgängerin hatte mir ein kleines Skript hinterlassen mit vier Entwürfen für Beileidsschreiben. Ich war ihr sehr dankbar. In der Leitung der Hospizgruppe schrieb ich im Laufe der Jahre pro Jahr zwischen 50 und 80 Beileidsschreiben. Immer wieder riefen Menschen bei uns in der Hospizgruppe am Telefon an, um uns mitzuteilen, dass ein naher Angehöriger entweder im Sterben liegt oder gerade gestorben war.

 

Wie kondoliere ich? Was sage ich Menschen im Erstkontakt oder wenn ich trauernden Menschen auf der Straße begegne? Weiche ich aus auf die nächste Straßenseite? Flüchte ich im Rewe ins Gemüseregal, um der trauernden Nachbarin auszuweichen? Konzentriere ich mich lieber auf die  Tomaten im Regal, vermeide ich den Blickkontakt mit der trauernden Nachbarin? Trauernde berichten noch heute, dass sie erleben, dass Menschen ihnen ausweichen, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollen.

 

Wenn Sie beruflich oder ehrenamtlich mit Trauernden zu tun haben, ist es wichtig, dass Sie kondolieren können. Aber wie kondoliert man heute? Sind die alten Formeln noch zeitgemäß?

 

Heute halte ich regelmäßig Workshops, ich nenne sie leicht ironisch „Kondolenztraining“ und so einen Workshop habe ich im Frühjahr auch bei Auxilium angeboten. So entstand die Idee, einen Artikel in dieser Zeitung zu schreiben. Viele Menschen haben Scheu, die bewährten alten

 

Was ist zu beachten beim mündlichen Kondolieren?

Der einzige Fehler, den man machen kann, ist nicht zu kondolieren! Gehen Sie auf keinen Fall dem Trauernden aus dem Weg, auf die andere Straßenseite, wegschauen ist keine Lösung! Es ist nicht schlimm, wenn jemand weint! Wenn ich einen Trauernden frage, „Wie geht es Dir?“, dann sollte ich unbedingt mindestens 20 Minuten Zeit einplanen!

 

Wie kondoliere ich mündlich?

Sie können z.B. sagen:

Mein herzliches Beileid.

Meine herzliche Anteilnahme.

Das tut mir leid für Dich.

Ich bin in Gedanken bei Dir und fühle mit Dir…

 

Wenn Sie Hilfe anbieten, bieten Sie nur die Hilfe an, die Sie auch wirklich leisten können. Vermeiden Sie die Formulierung: „Du kannst mich jederzeit anrufen!“  Wir sind alle nicht die Telefonseelsorge. Wir wollen nicht nachts um 2 Uhr angerufen werden und die wenigsten halten es aus, täglich angerufen zu werden. Trauernde können auch oft nicht selbst zum Telefonhörer greifen, wenn es ihnen schlecht geht. Viel hilfreicher ist es, dass Sie den/die Trauernde/n öfter anrufen. Bleiben Sie vorsichtig, taktvoll, liebevoll zugewandt. Akzeptieren Sie ein Nein, wenn der/die Trauernde sich gerade zurückziehen wollen. Bieten Sie dennoch immer wieder mal zu einem anderen Zeitpunkt einen Kontakt an. Oft ziehen sich Trauernde in der akuten Trauerphase zurück und wundern sich dann später selbst, dass ihnen zu einem späteren Zeitpunkt niemand mehr einen Kontakt erneut anbietet.

Was spricht für oder gegen die alten Formeln?

 

Was spricht für die Formel?

Was spricht gegen die Formel?

Viele Menschen erwarten es.

Im beruflichen Kontext eher passend.

Bei fremden Menschen passend.

Bei älteren Menschen vertraut.

Ein spezieller sprachlicher Marker für eine ganz besondere Situation.

Bevor ich gar nichts sage, lieber die Flucht in die Formel antreten!

Wirkt antiquiert, formelhaft, unpersönlich.

Im ganz engen Familienkontext eher nicht.

Bei jüngeren Menschen eher unpassend.

Meine eigene Formulierung finden, kostet mehr Zeit, ist aber persönlicher.

 

Grundsätzlich gilt für Beileidsschreiben:

 

Auch wenn es schwerfällt, sollte man ein Kondolenzschreiben möglichst bald nach dem Erhalt der Todesnachricht verfassen. Unterlassen Sie negative Bewertungen des Verstorbenen.

 

Trauernde und pflegende Angehörige leiden meistens immens unter Schuldgefühlen. Tun Sie nichts, um diese zu verstärken! Lob der Leistung der pflegenden Angehörigen, Trost und Mitgefühl sind ganz wichtig. Bei langer und schwerer Pflege löst der Tod des nahen Angehörigen auch widersprüchliche Gefühle aus wie z.B. Erleichterung, das verstärkt erneut die Schuldgefühle.

Versuchen Sie auf keinen Fall, zu erklären, dass der Tod, der Verlust auch etwas Gutes hat. Das können Trauernde, wenn überhaupt, erst Jahre später erfassen.

 

Seien Sie vorsichtig vor konfessionellen, christlichen Trauerformeln und Trost durch z.B. Bibelzitate. In der heutigen säkularen Welt spricht das nur noch einen Teil der Trauernden an. Verwenden Sie christliche oder andere religiöse Bezüge nur, wenn sie wissen, dass es zur trauernden Person passt.

 

Verwenden Sie beim Kondolieren keine Worthülsen, wie „Du wirst schon sehen, das Leben geht weiter". Diese Worte will der Trauernde jetzt ganz bestimmt nicht hören. Wir wissen zwar alle: Es richtig, dass nach der Trauerzeit wieder ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein wird, doch in der Kondolenz ist das völlig fehl am Platz. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Art mit der Trauer umzugehen und wir können nur begleiten und unterstützen. Die Trauerzeit ist wichtig für die Seele. In dieser Zeit muss der/die Trauernde wieder zu sich finden. Für ihn/sie wird alles anders und er muss lernen, mit der Erinnerung weiterzuleben. Nur so wird er ein neues Leben beginnen können und trotzdem mit dem Verstorbenen verbunden bleiben.

 

Wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren wollen: Ich biete am 18.10. von 17:00 bis ca. 19:30 Uhr wieder in meiner Praxis ein "Kondolenztraining" an, wo ich Informationen, Austausch und praktische Tipps zu diesem Thema gebe. Melden Sie sich bitte per Email an unter

monika.mueller-herrmann@gmx.de

Kosten pro Person: 40 Euro.

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