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Die Dreiteilung der Beratung oder Gruppe

Gedanken zur Dreiteilung eines Trauerangebots

Genau wie ein klassisches Drama oder eine gute Komödie hat ein Trauerangebot drei Teile oder drei Akte:

1.       Anfangsteil / Erwärmung / Einchecken

2.       Mittelteil / Gespräch / Rapport

3.       Schlussteil / Zusammenfassung / Abklingen / Auschecken

4.       Eventuell gibt es noch einen vierten Teil: Organisatorisches wie Terminfindung für einen neuen Termin, Rechnungsstellung oder Kassieren, Spendenaufruf usw.

 

Wie habe ich mir die Dreiteilung grob zeitlich vorzustellen?

Bei einer Einzelsitzung von 50-55 Minuten nehme ich mir für den Anfangsteil 5-10 Minuten Zeit, für den Rapport und das Gespräch im Mittelteil 30 Minuten, für den Schlussteil wieder 5 Minuten.

Bei einer Gruppensitzung von 1,5 h zähle ich so:

Anfangsteil ca. 20 Minuten

Gruppe von ca. 7-8 Personen, pro Person im Anfangs Go-Round zwei bis drei Minuten.

Mittelteil 60 Minuten

Schlussteil ganz kurzes Go Round, pro Person 1 Minute, ca. 10 Minuten.

 

Die Dreiteilung für eine Gruppensitzung

1.       Anfangsteil

Der Anfangsteil in der Gruppensitzung dient dazu, das die Teilnehmer*innen ankommen, sich „erwärmen“, öffnen, etwas warmreden und einchecken können.

Wenn es eine offene Gruppe ist, ist der Anfangsteil besonders wichtig, da sich nicht alle schon kennen. Wenn es eine geschlossene Gruppe ist, kann der Anfangsteil auch etwas kürzer sein.

Typische Methoden im Anfangsteil:

Gesprächsrunde mit Redestein, Emotionalstein, Stein und Feder

Postkartenübung

Kleine Symbolübungen

Gedicht zur Einstimmung

 

Rolle der Gruppenleitung

Gesprächsleitung, Wächterin über die Zeit sein, gut zu Strukturieren, Moderieren, ermutigen.

 

2.       Der Mitteilteil

Der Mitteilteil dient dazu, das Gespräch und das Thema zu vertiefen. Es kann ein Thema aus der Anfangsrunde aufgegriffen werden, das mehrere Personen angesprochen haben. Es kann das Thema der Postkarten oder Symbolübung in tieferem Austausch weiterentwickelt werden.

Methoden des Mittelteils:

Das Gespräch, am Laufen halten, Pausen durchstehen, immer wieder Gesprächsimpulse setzen, Themen zusammenführen oder kontrastieren.

Thema vertiefen durch weiterführende Fragen

Mögliche ergänzende Methoden im Mittelteil:

Eine Postkartenübung (nur, falls nicht in der Anfangsrunde)

Symbolarbeit

Ein Märchen oder eine Geschichte.

Schreibtherapeutische Übungen

 

Rolle der Gruppenleitung im Mittelteil:

Gesprächsführung!! Moderieren, Wächterin über die Zeit sein. Über die Regeln der Trauercafénettikette wachen. Aufpassen und eingreifen bei Abwertungen und Aufwertungen, Vergleichen, Märtyrerwettstreit. Immer wieder Themen aufgreifen, den Austausch untereinander anregen, den Ball in die Gruppe zurückgeben.

3.       Der Schlussteil

Der Schlussteil dient dazu, dass die Personen am Ende einer vielleicht bewegten Gruppensitzung wieder gut auseinander gehen können und wieder herunterfahren, wach werden, gefasster werden. Es muss vermieden werden, dass noch mal ganz neue Themen aufkommen, keine Vertiefung mehr.

 

Methoden im Schlussteil:

Gesprächsrunde mit Redestein, Stein und Feder oder Emotionalstein.

Goldblättchenrunde

Kurze Dankbarkeitsliste schreiben.

Gedicht

Kurze, besinnliche Geschichte.

 

Aufgabe der Leitung: Zeit stark begrenzen, möglichst pünktlich schließen, gut zusammenfassen und strukturieren. Falls in der Schlussrunde völlig neue Themen angeschnitten werden, diese bewusst und transparent auf die nächste Sitzung vertagen oder ein Einzelgespräch an einem anderen Termin anbieten.

 

4.       Organisatorisches

Das ist sozusagen die natürliche Erdung, die zum normalen Alltagsgeschehen zurückhilft. Hier gehört jetzt alles hin wie Spendenaufruf oder die Abrechnung / Quittung/ Rechnungsstellung. Terminfindung oder Erinnerung an nächsten Termin. Evtl. auch eine Bitte, gemeinsam aufzuräumen.

 

Rolle der Gruppenleitung: Sie behält alles Organisatorische im Blick, leitet in den Alltag über.

 

Die Methode Gesprächsführung und Gesprächsleitung kommt in allen vier Teilen zum Einsatz. Sonst maximal eine Methode je Teil kombinieren, sonst kommt es zu einer Methodenaneinanderreihung…die oft nicht als stimmig und angenehm erlebt wird.

 

Alle drei Teile in einer Einzelberatung

1.       Anfangsteil / Einleitung

Hier darf small talk sein! Haben Sie es gut gefunden? Sie können sich gerne ein Getränk nehmen. Möchten Sie einen Tee?

Als Frage bei Erstgesprächen: Was führt sie zu mir? Die Struktur des Erstgespräches erklären: Das Ziel unseres heutigen Erstgespräches ist, dass wir uns kennen lernen und herausfinden, ob wir miteinander arbeiten wollen. Anfangs lasse ich Sie gerne etwas erzählen, dann werde ich Ihnen gezielt ein paar Fragen stellen und am Ende brauchen wir noch einmal fünf Minuten für Organisatorisches.

Als Startfrage bei weiteren Gesprächen:

Wie ist es Ihnen nach dem Erstgespräch ergangen? Wie hat es nachgewirkt?

Oder auch: Wie ist es Ihnen seit dem letzten Gespräch ergangen?

Ich vermeide eher die floskelhafte Frage „Wie geht es Ihnen?“

 

2.       Teil: Mittelteil

Hier bemühe ich mich, immer wieder den Erzähl und Gesprächsfluss am Gang zu halten. Erzählstimuli setzen. „Wie Fragen“ sind gut:

Wie meinen Sie das?

Wie ging es Ihnen damit?

Wie fühlte sich das für Sie an? Oder auch:

An was denken Sie dabei?

Immer wieder spiegeln, zusammenfassen, sehr behutsam deuten. Nur ganz selten konkrete Ratschläge geben.

 

Fragen, die ich gegen Mitte des Erstgesprächs immer stelle:

Haben Sie schon Vorerfahrungen mit Therapie?

Wie sieht es mit dem Schlafen aus?

Wie mit der Tagesstruktur? Schaffen Sie es, die Tagesstruktur zu halten, sich etwas zu kochen, aufzustehen?

Wie sieht es mit dem Appetit aus?

Haben Sie ab- oder zugenommen?

Nehmen Sie Medikamente? Wenn ja, welche? Wer verschreibt sie ihnen?

Sind Sie krankgeschrieben oder gehen Sie schon wieder arbeiten?

Haben Sie Schuldgefühle?

Haben Sie schon einmal den Gedanken gehabt, dem Verstorbenen hinterher zu gehen, um wieder mit ihm vereint zu sein?

Haben Sie Trauerrituale entwickelt, wie z.B. der Gang zum Grab oder eine Fotoecke mit Kerzen?

 

3.       Teil, Schlussphase

Auch hier ist es wichtig, dass die Person wieder in eine normale Alltagsverfassung zurückfindet. Notfalls biete ich an, die Toilette aufzusuchen oder noch einen Moment in der Wartezone sitzen zu bleiben.

In der Schlussphase zusammenfassen, was heute besprochen wurde. Vorsichtiges Feedback. Erfragen, ob ein neuer Termin gewünscht wird oder die Person die Sitzung erst einmal auf sich wirken lassen und sich später melden will.

Typische Schlussfragen im Erstgespräch:

Wie geht es Ihnen jetzt am Ende der Stunde? Wir haben heute über…gesprochen. Ich habe Sie… so und so erlebt. Wie möchten Sie jetzt weiter verfahren? Ich kann mir vorstellen, Sie weiter zu begleiten (oder eben nicht, und dann bitte immer eine Empfehlung mitgeben, wo die ratsuchende Person anstatt dessen hingehen könnte!!)

 

 

4.       Organisatorisches

 

Ich kläre über die Notwendigkeit der Dokumentation und eines Therapievertrags ab der 2. Sitzung auf. Gebe den Therapievertrag mit, bitte um die Terminklärung, kassiere in bar oder übergebe die Rechnung, gebe im Erstgespräch die Broschüre mit.

 

Ich richte mich ganz nach dem Klienten, ob /wann / wie oft die Person kommen möchte, im Rahmen meiner Terminkapazitäten. Ebenso überlasse ich es den Klienten, ob sie direkt im Anschluss erneut einen Termin ausmachen wollen oder ob sie es nachwirken und dann anrufen oder terminieren wollen. Durch ein automatisches, internetbasiertes Buchungssystem können meine Klient*innen auch im Internet einen Termin buchen, ohne mich direkt telefonisch zu erreichen.

 

 Wie wendet Ihr diese Dreiteilung bei Euch an?

Ich freue mich auf Eure Gedanken und Kommentare!

 

Dies ist ein Lehrbeispiel aus der Trauer Online Akademie. Mehr Informationen dazu findet Ihr hier!

 

Monika Müller-Herrmann

 

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